Buchkritik:

Schmerz - Strafe - Lust

Bettina Tegtmeier - 1995 Seitenblickverlag


Schmerz-Strafe-Lust

Das vorliegende Buch fiel mir im Shop sofort durch die eindeutigen Bilder auf dem Cover auf, die mir sofort verrieten, daß es sich um ein Buch meines Interesses handeln müßte. Beim Titel "Schmerz-Strafe-Lust" aus dem Verlag Bettina Tegtmeier handelt es sich um eine Sammlung von 25 Erlebnisberichten, Phantasieerzählungen und Kurzbiographien aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln heraus. Angereichert werden die einzelnen Kapitel noch durch Fotografien u. a. von Thomas Haas, Helmut Wolech, Lilith, Christina & Wolf Raabe und noch ein paar anderen, die allesamt durchaus Appetit machen. Zusammengestellt wurde das Buch durch die Herausgeberin Bettina Tegtmeier selbst.

Die bekanntermaßen gute Qualität der Bücher aus dem Seitenblickverlag ließ auf kurzweilige und ansprechende Unterhaltung hoffen. Schon beim ersten Durchblättern fiel mir auf, daß einige der Autoren wahrlich keine Unbekannten sind. So findet man beispielsweise drei Geschichten von Horst Bernatzky und auch Lina Ganowski, die Herausgeberin der "Kallpygos-Briefe" ist mit einer eigenen Geschichte vertreten. Bei der genaueren Lektüre des Inhaltsverzeichnisses bestätigte sich denn auch sofort mein Verdacht, daß ich einige Geschichten bereits kennen würde.

Ihr Vorwort leitet Bettina Tegtmeier mit einem Zitat von Edit Cadivec ein, das vom Geschlechtstrieb in Verbindung mit Schmerz und Grausamkeit handelt und das mit der Bemrkung schließt, daß die Erotik eben nicht dazu da sei, die Menschen zu befriedigen, sondern zu erschüttern. Mit einem Sprung in die Gegenwart beginnt die Autorin mit einer Bestandsaufnahme der Darstellung des Sadomasochismus und Flagellantismus in den Medien und dem daraus resultierenden Grad an Toleranz in der heutigen Gesellschaft. Geschickt schweift sie kurz in die vermeintlichen Ursachen solcher Sexualtriebe ab, um dann wieder den in der heutigen Zeit oft diskutierten, aber niemals erwiesenen Zusammenhang zwischen Triebverbrechen und sadomasochistischer Lust als das zu entlarven was er ist, nämlich blanker Unsinn. Das Vorwort alleine schon ist ein Grund, das Buch zu kaufen, denn es ist fundiert und interessant geschrieben. Fast neigt man dazu, die Autorin aufzufordern, mehr zu schreiben, denn der Schluß will nicht abrunden sondern Fragen aufwerfen, Mut machen und zum Nachdenken anregen zugleich. Ich habe wirklich selten einen so guten Aufsatz über Flagellantismus und Sadomasochismus in der Gesellschaft gelesen.

Die erste Geschichte ist als eine Art Interview geschrieben, in dem die Protagonisten eines lesbischen Paares ihre jeweiligen Lebenswege beschreiben und dabei teilweise tief in ihre Kindheit zurücklicken. Mit einer Beschreibung ihrer Träume und sexuellen Phantasien knüpfen sie einen Zusammenhang zu ihrer flagellantischen Veranlagung und man erfährt sehr viel über die Psyche, die dahinter wohl verborgen sein mag. Klar zu erkennen ist, daß dieses Kapitel nicht unbedingt erotisieren, sondern eher erzählen will.

In den weiteren 24 Geschichten wechseln sich Lebensberichte, Schilderungen von Phantasien und erotische Stories unregelmäßig ab, was das 246 Seiten fassende Buch insgesamt auflockert. Man findet Geschichten von männlichen Einzelpersonen ebenso vor, wie Phantasien von dominanten Frauen, ja sogar homosexuell angehauchte Berichte findet man darin. Kurz - es ist so ziemlich jede denkbare Konstellation beschrieben, was das Buch ganz klar für ein breites Publikum interessant macht.

Neben zwei Geschichten von Horst Bernatzky, die sich übrigens auch auf meiner Homepage wiederfinden, gefielen mir persönlich zwei Geschichten ganz besonders. An erster Stelle wäre hier die Story "Da war doch noch was" von Christina und Wolf Rabe. Es ist einer der besten Geschichten, die ich in der Vergangenheit gelesen habe. Beschrieben wird, wie das Paar nach einem Umzug von Hamburg in ein kleines Dorf das zuvor hervorragend funktionierende Sexualleben ins Hintertreffen geraten läßt. Durch verschiedene Symbole, wie ein Mädchen, das ein Stöckchen trägt oder dem Kochlöffel in der Küche aber wird wieder die alte Stimulanz belebt und zur Mitte der Geschichte hin finden die beiden wieder ihren Spaß am Hintern versohlen. Dieser Akt ist in einer wunderbaren Sprache beschrieben und läßt die Geschichte einfach Spitzenklasse werden.

Noch eine weitere Geschichte hat mir sehr gut gefallen: "Der Tag fing gut an!" von Margret Westhuisen, die zwar nur zwei Seiten lang ist, es aber in sich hat. Mit erstaunlicher Rationalität beschreibt die Autorin, wie schön ein Tag mit einem Povoll beginnt und wie schön er mit selbigem enden wird. In der Kürze liegt oft die Würze. Aber das ist natürlich nur mein ganz persönlicher Geschmack, der ja keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit erhebt. Welche Geschichten nun tatsächlich gut oder weniger lesenswert sind, das ist ganz klar eine Frage der eigenen Vorlieben.

Fazit
Der Umstand, daß es sich bei diesem Ttiel um eine Geschichtensammlung handelt, läßt das Buch für jeden interessant werden, der in irgendeiner Weise dem Thema Spanking zugetan ist. Es ist wirklich für jeden Geschmack was dabei. Durch die jeweils abgeschlossenen Kapitel ist man auch nicht gezwungen, das Buch in einem Zug durchzulesen, sondern kann es immer wieder aus dem Regal ziehen, um dann kurzweilige Lesestunden zu verbringen. Auch wenn einem das eine oder andere Kapitel aufgrund der eigenen Ausrichtung nicht so sehr gefällt, eröffnen diese einem doch einen Blick in die jeweils andere Welt. Das Druckwerk bewegt sich insgesamt auf einem hohen Niveau, begeistert durch eine gewählte Sprache, die nur selten ins Vulgäre abschweift und ist durch die verschiedenen Autoren einfach unglaublich vielseitig und facettenreich. Es sei allerdings auch nicht verschwiegen, daß "Schmerz-Strafe-Lust" in der Hauptsache durch die von mir besonders erwähnten Geschichten von Horst Bernatzky sowie Christina und Wolf Rabe vom Niveau her hochgehalten wird. Alle anderen Geschichten reichen meiner persönlichen Meinung nach nicht an diesen Level heran. Durch den vernünftigen Ladenpreis von 36,-- DM aber lohnt sich die Anschaffung in jedem Fall und läßt über die weniger gelungenen Kapitel hinwegsehen.

Info:

Titel: Schmerz-Strafe-Lust
Verlag: Seitenblick
Verlag Bettina Tegtmeier
Hauptstraße 413
53639 Königswinter
Preis: 36,-- DM
Sonstiges: Eine Leseprobe ist auch auf der Homepage des Verlages zu finden, dessen URL in den Hot Links von Red Bottom erwähnt ist.

Zur Themenübersicht