Bericht einer öffentlichen Massenauspeitschung im Paris des Jahres 1791

aus "Le Musées des Supplices" von Roland Villeneuve


Der Jesuit Gerard, dessen Ausschweifungen um das Jahr 1728 einiges Aufsehen erregt hatten, versuchte die Sünde durch die Sünde auszutreiben. In dieser fragwürdigen Absicht hatte er sein frömmstes Beichtkind, La Cadiere, verführt und sie, nachdem er sie bis auf's Blut gegeißelt hatte, durch Prädikation in Besitz genommen. Die Gesellschaft Jesu, die den armen Grandier nicht hatte retten können, entriß diesen frommen Sünder seinen Richtern und das ganze endete als galanter Spaß.

Doch kam ein Tag, wo die Lacher auf der anderen Seite waren und die Schläge, die von geweihter Hand ausgeteilt waren, hundertfach zurückgezahlt wurden. 1791 wurden in Paris die Hinterteile von einigen "Antikonstitutionellen" bearbeitet, vor allem jene der Nonnen von St. Roch. Perè Duchesne erwähnt dieses Ereignis im 66. Brief seiner Erinnerungen:

"Während man in Bordeaux ein nationales Lusthaus errichtete, läßt man das mönchische Lusthaus in Paris verschwinden. Denn die Väter und Mütter, welche der Handlungsweise alter Magären und junger Betschwestern, die ihre kleinen Töchter ausgepeitscht hatten, überdrüssig waren, peitschten ihnen den heiligen Hintern so lange, bis dieser die nationalen Farben angenommen hatte. Man tat dies, um ihnen patiotische Gesinnung zu verleihen, nachdem sie versucht hatten, die Aristokratie bei ihren Schülerinnen einzuschmeicheln."

Diese Auspeitschungen vor allen Leuten kamen den lüsternen Instinkten der Öffentlichkeit sehr entgegen. Es ist leicht festzustellen, daß solche Begebenheiten vor allem den Voyeuirsmus förderten und die Berichte über solche Begebenheiten zeigen häufig sadistische Tendenzen. Ob man es nun wahrhaben will oder nicht, es kommt in den folgenden Berichten viel eher eine sadistisch-perverse Note zum Ausdruck als der Antikleralismus jener Epoche:

"Die Recolettes aus der Rue de Bac haben 60 ausgetrocknete und gelbe Hinterteile gezeigt. Man konnte glauben, es wären vertrocknete Zitronen. Bei den Töchtern vom Heiligen Blut war das etwas anderes. Ihre Hinterbacken waren schneeweiß und hübsch gerundet. Ein Mitbürger, der dabei gewesen ist, hat gesagt, man habe die hübschesten Gesäße der Stadt gepeitscht. Die Grauen Schwestern der Pfarreien von St. Sulpice, St. Marguerite, La Madeleine, und St. German l'Auerois wurden auch nicht geschont, vor allem weil diese Beguinen das Pech hatten, ganz häßliche Gesäße zu zeigen, die so schwarz wie Maulwurfshügel waren. Aber die Töchter vom Calvarienberg hatten zur großen Freude des Publikums hübsche und pralle Hinterteile, die man wirklich für patriotisch hätte halten können, wenn sie nicht von einer schwarzen Hose bedeckt gewesen wären. Alles in allem wurden 621 Hinterbacken gepeitscht, also 310 Hinterteile und ein halbes, wenn man davon absieht, daß die Schatzkammer der Miramione nur einen Hinterbacken hatte. Die Summe der aristokratischen Hinterteile, die von den Dames des Halles ausgepeitscht wurden, beträgt 1741."

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