Fallbeispiel Nr. 3

aus P. Franzen : "Flagellomanie"


in einer mittleren Stadt Westdeutschlands

Herr Z. bewohnt als Junggeselle mit seiner 34jährigen Haushälterin Erika W. die erste Etage eines Mehrfamilienhauses. Er ist viel vom Berufswegen unterwegs und nur zum Wochenende zu Hause. Er lebt sehr zurückgezogen, die Nachbarn bekommen ihn kaum zu Gesicht. Trotzdem werden sie allmählich auf ihn aufmerksam, denn immer, wann er daheim ist, hören sie aus der Wohnung Geräusche.

Zuerst sind es Schreie und Stöhnen einer Frau, die sie aufmerksam machen. Eines Tages können sie die Geräusche genauer unterscheiden. Klatschende Geräusche. Dazu wieder das Stöhnen und Weinen. Da wird jemand geschlagen! Die Nachbarn schwätzen viel in der Gegend, Herr Z. bekommt es zu hören und dann zeigt er sie an, wegen Verleumdung. Er gewinnt den Prozeß.

Aus den Prozeßakten läßt sich lesen:
Erika W. hatte die Weisung ihres Herrn, während seiner Absewenheit streng Buch zu führen über alle Ausgaben. Darüber hinaus mußte sie aber ihr "Beichtbüchlein" führen. Jede "Sünde" mußte sie eintragen, z.B. wenn sie den Kaufmann um 2 Pfennige betrogen hatte, Flüche, wenn sie morgens zu spät aufgestanden war (sie mußte jeden Morgen um Punkt 7 Uhr aufstehen) oder auch nur schlechte Gedanken, all das hatte sie "befehlsgemäß" aufzuschreiben.

Kam dann Herr Z. am Wochenende nach Hause, wurde Abrechnung gehalten. Z. überprüfte zuerst das Haushaltsbuch. Für jede fehlerhafte Eintragung, ja sogar für die kleinste Unsauberheit, gab es eine festgelegte Anzahl von Hieben. Dann kam das "Beichtbüchlein" an die Reihe. Jede Sünde wurde mit einer gewissen Anzahl von Schlägen gebüßt.

Auch der Züchtigungsakt war genau festgelegt. Die Haushälterin hatte sich in ihrem Zimmer völlig zu entkleiden. Herr Z. bewaffnete sich mit einem Lederriemen, begab sich dann gleichfalls in das Zimmer. Hier hatte die W. demütig niederzuknien und ihren Herr um die Vollziehung der Strafe zu bitten. Kniend erhielt sie die festgesetzte Anzahl der Hiebe. Z. deutete die Hiebe beileibe nicht nur an, sondern er schlug kräftig zu, nahm auch keinerlei Rücksicht auf die Schmerzäußerungen seines Opfers. Die Strafe wurde also jedesmal völlig echt vollzogen.

So kam es hier und wieder zu den von den Nachbarn abgehörten Schreien.

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