Fallbeispiel Nr. 2

aus "Erziehungsflagellantismus" v. Wörenkamp


Material aus der Scheidungs-Klage der Gennanten gegen ihren Gatten.

Archiv des Instituts für Sexualforschung, Wien

Kurz zusammengefasster Bericht

"Mein Mann, der eine Tanzstundenbekanntschaft von mir war, wußte schon vor unserer Brautzeit durch eine undelikate Bemerkung einer Freundin, die mit mir die Tanzstunde besuchte, daß meine Mutter an mir auch zu dieser Zeit noch die Prügelstrafe exekutierte. Heute weiß ich natürlich, daß diese Tatsache vielleicht die Hauptveranlassung dazu gab, daß er an mir besonderes Interesse nahm, so daß es zu unserer Verlobung kam.

Während unserer Brautzeit kam er einmal zu Besuch, ohne daß ich sein Läuten und das Einlassen durch das Dienstmädchen gehört hätte, zu uns und verhielt sich mäuschenstill im Wohnzimmer, während die Mutter mich in dem nur durch die einfache Türe getrennten Schlafzimmer abstrafte.

Ich war damals tödlich erschrocken, als ich merkte, daß er Ohrenzeuge gewesen sei. Da ich noch nicht großjährig war, als wir heirateten, glaubte ich ihm in meiner Unerfahrenheit, als er mir noch vor der Eheschließung mitteilte, daß nun die Erziehungsgewaltauf ihn übergehe, die er nach dem System meiner Mutter zu handhaben beabsichtigte.

Tatsächlich begann auch unsere Hochzeitsnacht mit einer empfindlichen Rutenstrafe, die er mir verabfolgte, als ich mich in selbstverständlichen Scheu der brutalen Art seines Zugriffszu entziehen versuchte.

Im weiteren Verlauf unserer Ehe nahm er jeden Morgen und Abend Gelegenheit, mich zu "züchtigen" , wobei er als Erklärungfür diese Maßnahme am Morgen anzugeben pflegte,"daß mir ein Vorschuß für das, was mir am Abend bevorstehe, wenn ich mir etwas zuschulden kommen lasse, nichts scaden könne, da ich dann am Tag vorsichtiger sein würde".

Dieses "Zuschulden-kommen-lassen" während des Tages war unvermeidlich. Er pflegte mich am Abend über jeden meiner Schritte und jedes Wort, das ich gesprochen hatte, zu inquirieren und diese Fragemethode ging so weit, daß ich Bericht darüber zu geben hatte, wie oft ich während des Tages die Toilette aufgesucht hatte. Selbst das wurde Anlaß zu einer Züchtigung.

Er stellte mir oft an zwei aufeinander folgenden Tagen die gleiche Frage, wie z.B., ob ich mit der Nachbarin gesprochen hätte, um mich, wenn ich es an dem einen Tag bejahte, wegen "Tratschhaftigkeit" zu strafen und am nächsten Tag Rute, Stock und Peitschen in Anwendung zu bringen, wenn ich die gleiche Frage verneinte, wobei er dann als Motiv angab, daß er mir "meine Hochnasigkeit austreiben wolle".

Ich habe dieses Martyrium 2 Jahre hindurch mitgemacht, bis ich zur Einsicht kommen mußte, daß das Zusammenleben mit ihm nie eine Wendung zum Besseren nehmen werde und daß ich der ständigen körperlichen Mißhandlung mit ihm, das er das läppische Mäntelchen der "Erziehung" umhing, bei Aufrechterhaltung der Ehe nicht entgehen könne."

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